Parlamentarische Enquete Urheberrecht / Grüne

Forum „freie Werknutzung“

Urheberrechte sind ein Teil des – von vielen für falsch gehaltenen – theoretischen Konstrukts „Geistiges Eigentum“. Eigentum bedeutet, andere vom Zugriff auf und von der Nutzung von Ressourcen ausschließen zu können. Ob das für Wissen und Information ethisch begründbar und gesellschaftspolitisch vernünftig ist, muss hinterfragt werden, denn Wissen ist unabdingbar für soziale und individuelle Entwicklung. Gefragt werden muss auch, wer den Zugriff auf Wissen und dessen Nutzung kontrolliert bzw. wie – wenn überhaupt – kontrolliert werden soll. Die Entscheidung darüber ist kulturabhängig, technologisch bedingt und interessen-geleitet, also veränderbar.

Bibliotheken, Archive und Museen sammeln, systematisieren und bewahren seit alters her das kulturellen Erbe. Spätestens seit der Aufklärung sind sie aber auch die Orte, die der Allgemeinheit Zugang zu diesem Erbe und damit zu Kultur und gemeinschaftlich produziertem Wissen ermöglichen. Ihre Aufgabe konnten sie bisher im Interessensdreieck von UrheberInnen, Verwertungsorganisationen und der Öffentlichkeit hinreichend zufriedenstellend erfüllen. Durch die digitale Revolution ist dieses ausbalancierte Dreieck aus den Fugen geraten, und die Aufgaben und Möglichkeiten der Bibliotheken müssen z.B. im Urheberrecht neu verhandelt werden.

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Schöne neue (BibliothekarInnen-) Arbeitswelt

Von rund 4,5 Mio. ArbeitnehmerInnen weltweit geht ein Drittel unmotiviert in die Arbeit. Das Commitment (= berufliches Engagement) nimmt kontinuierlich ab, wobei die europäischen Ergebnisse besonders schlecht sind. Das ist das Ergebnis einer internationalen Studie der Hay Group (19.12.2012). Ob das nicht vielleicht auch damit zusammenhängt, dass Normalarbeitsverhältnisse immer stärker ab-, Teilzeitarbeit und prekäre Beschäftigung – von denen frau/man nur schlecht oder gar nicht leben kann – hingegen zunehmen? (Wer das nicht glaubt, schaue sich nur einmal die Stellenangebote der letzten Monate im VÖBBLOG an / 19.12.2012)

Ein besonders dreistes Beispiel hat eine Kollegin so empört, dass sie den Arbeitskreis kritischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare (KRIBIBI) zur Stellungnahme aufgefordert hat.

Die Wirtschaftsuniversität Wien und mit ihr die Bibliothek übersiedeln. Dafür wird zusätzliches Personal benötigt. Die Anwerbung neuer Arbeitskräfte hat die WU an eine Consulting-Firma ausgelagert. Das mag rechtlich in Ordnung sein – ob es ethisch richtig und dem Commitment der neuen MitarbeiterInnen förderlich ist sei dahingestellt.

Gesucht werden jedenfalls fachausgebildete BibliothekarInnen (und auch solche mit abgeschlossenem Jus-Studium) mit einschlägiger Praxis, Katalogisierungserfahrung in ALEPH 500 und guten IT-Kenntnissen. Flexibilität, Teamfähigkeit, Genauigkeit und hohe Serviceorientierung werden vorausgesetzt.

Gesucht werden also Profis! Geboten wird eine auf ein Jahr befristete Beschäftigung (bevorzugt auf Werkvertragsbasis!) und ein Bruttogehalt zwischen € 920,00 und € 1.000,00 für 20 Wochenstunden (€ 1.100,00 bis € 1.250,00 für JuristInnen).

So weit, so schlecht! Wie trist muss die Lebenssituation professioneller BibliothekarInnen sein, die solche unverschämten Angebote annehmen (müssen)? Ist die Leitung der WU informiert oder vielleicht sogar einverstanden mit dieser Vorgangsweise? Wie verantwortet der Rektor solch schandbaren Umgang mit MitarbeiterInnen, die der WU in einer schwierigen Situation helfen? Was meint der Betriebsrat dazu?

Wie bereits gesagt, die Vorgangsweise mag rechtlich unanfechtbar sein. Ganz sicher aber hält eine Beauftragung über einen Werkvertrag dem Gesetz nicht stand. (Auch eine Variante als Freier Dienstvertrag muss skeptisch betrachtet werden.). Egal, ob man die Erläuterungen der Wirtschafts- oder Arbeiterkammer heranzieht, diese Aufgabenbeschreibungen entsprechen nicht den Bedingungen eines Werkvertrages:

  • Als Werklohn wird nicht ein Pauschalbetrag ausgeschrieben, sondern ein monatlich auszuzahlendes Entgelt.
  • Es gibt kein abgeschlossenes „Werk“ als Endziel des Vertrages. Ausgeschrieben werden kontinuierlich zu erbringende Dienstleistungen innerhalb eines definierten Zeitraumes.
  • Bei der ausgeschriebenen Leistung ist es unmöglich, dass die präsumtiven „Werkvertrags“nehmerInnen nicht weisungsgebunden wären hinsichtlich Arbeitsort (Bibliothek Recht) oder Arbeitszeit (halbtags); auch eine vorzeitige Fertigstellung des „Werkes“ ist nicht vorgesehen.
  • Genauso wenig beinhaltet der Text die Möglichkeit, sich in der Arbeit vertreten zu lassen oder MitarbeiterInnen bzw. SubunternehmerInnen zu beschäftigen.
  • Auch können die „Werkvertrags“nehmerInnen sicher nicht ausschließlich mit eigenen Betriebsmitteln arbeiten, handelt es sich doch um den der WU gehörenden Medienbestand, der „analysiert, übersiedelt, katalogisiert und mit Aufstellungs-signaturen“ versehen werden muss.
  • Last not least: Wieso muss eigentlich – wie es die Ausschreibung verlangt – ein/e UnternehmerIn, der/die ein Werk in frei zu wählender Zeit und an selbst zu wählendem Ort erstellen soll, teamfähig und flexibel sein? Wer bestimmt, dass er/sie dabei überhaupt mit anderen zusammenarbeiten muss?

Kolleginnen und Kollegen, die sich bereits auf eine dieser Stellen beworben haben oder dies beabsichtigen, täten gut daran sich juristisch beraten zu lassen, ob sie nicht doch ein (verdecktes) Dienstverhältnis eingehen. Obige Ausführungen sind – dies muss ich explizit betonen! – keine Expertise, sondern die Ansichten eines im Arbeitsrecht nur dilettierenden Laien.

Nikolaus Hamann
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Stellungnahme zur angedachten Reform des Urheberrechts, die gerade im Justizministerium verhandelt wird

Es gibt drei Punkte, zu denen ich aus unserer Sicht Stellung nehmen möchte:

  1. Als mit wissenschaftlichen und künstlerischen Werken Beschäftigte wissen BibliothekarInnen, dass WissenschafterInnen und KünstlerInnen – von wenigen Ausnahmen abgesehen – in unserem Land nicht zu den Reichen zählen. Es muss daher bei jeder Reform des Urheberrechts sicher gestellt werden, dass kreativ Tätige von ihrer für die Gesellschaft wichtigen Arbeit auch sozial abgesichert leben können.
  2. Als BibliothekarInnen verlangen wir, dass Bibliotheken auch digital veröffentlichte und vertriebene wissenschaftliche und künstlerische Werke sammeln und ihren BenutzerInnen kostenlos zur Verfügung stellen können. Das muss im Urheberrecht verbindlich festgeschrieben werden. Es darf nicht sein, dass sich Verlage oder Verwertungsgesellschaften weigern, Bibliotheken als Bewahrerinnen des geistigen Reichtums wissenschaftliche oder künstlerische Werke zur Verfügung zu stellen.
  3. Als historisch und politisch denkende Menschen mit fortschrittlichem Anspruch und Standpunkt wissen wir aber auch, dass alles, was jemals erdacht, erfunden, geschrieben oder komponiert wurde, auf den Ideen und Gedanken von anderen aufbaut. Mozart ist ohne Bach genau so wenig zu denken wie Gershwin ohne die zigtausenden Jazzmusiker, Einstein nicht ohne Newton, Sloterdijk nicht ohne Kant und Turrini nicht ohne Moliere oder Feydeau. Das theoretische Konstrukt „Geistiges Eigentum“ muss daher grundsätzlich neu überdacht werden, denn niemand kann rechtens behaupten, sein oder ihr Werk wäre ausschließlich seine oder ihre originäre Leistung. In jedem Gedanken stecken die Gedanken unzähliger anderer Menschen . Es ist daher notwendig, kreative Arbeit nicht mehr nur als Ware zu sehen, die auf dem Markt gehandelt werden kann, sondern als nützlichen Beitrag zum gesellschaftlichen und kulturellen Reichtum. Dem entsprechend sollten unserer Meinung nach auch andere Abgeltungsmodelle entwickelt werden, die aber unbedingt der in Punkt 1 formulierten Forderung Rechnung tragen müssen.

Nikolaus Hamann
11.12.2012

www.kribibi.at
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(abgesendet 13.12.2012)
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